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Mehr Herzinfarkte bei Klimaveränderungen

Die Krankenkasse DAK hat in einer Studie die Herzinfarkthäufigkeit in Deutschland untersucht. Auffällig: Herzinfarkte haben an Weihnachten Hochkonjunktur. Während in Deutschland durchschnittlich 30 Menschen pro Tag einen Herzinfarkt haben, steigt die Anzahl überraschend über die Weihnachtstage. Hier lag die Zahl der Patienten, die mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden sind, bei 40 täglich. Hier vor allem scheint das Risiko für Männer anzusteigen. Mehr als die Hälfte der Herzinfarkte am 24. Dezember betreffen das starke Geschlecht.

Dennoch: statistisch gesehen sterben die meisten Menschen im Januar. Unter den mehr als 60 unterschiedlichen Todesursachen sind die 3 häufigsten Ursachen andauernde Durchblutungsstörungen des Herzens, Herzinfarkte und Folgen eines Herzversagens. Doch warum ist dies so? Um diese Frage zu beantworten führte eine Meteorologin eine Studie durch, die im Juni im renommierten Fachjournal „Heart“ veröffentlicht wurde. Bei einer Auswertung von ca. 190.000 Todesfällen über einen Zeitraum von 17 Jahren zeigte sich, dass sowohl bei Hitze, als auch bei Kälte mehr Menschen an Herzkreislauferkrankungen sterben. „Es muß wohl eine Art Wohlfühlbereich geben, der davon abhängt, in welcher Klimazone man lebt“, so die Klimaexpertin. „Das thermische Optimum liege wohl zwischen 15 und 20 Grad Celsius“.

Schon frühere Studien konnten ähnliche Resultate zeigen: Das Projekt „Eurowinter“ kam schon 1997 zu dem Ergebnis, dass kaltes Wetter in Westeuropa für fast 250.000 Todesfälle mehr pro Jahr sorgt. Mit jedem Grad weniger auf dem Thermometer werden ein Prozent mehr Menschen aufgrund Probleme mit dem Herzkreislaufsystem ins Krankenhaus eingeliefert.

Zunächst sollten wir verstehen, wie es zu einem Herzinfarkt kommen kann: der unermüdlich arbeitende kleine Herzmuskel wird von insgesamt 3 Herzkranzgefäße mit Sauerstoff und anderen Nährstoffen versorgt. Diese haben einen Durchmesser von ca. 2 bis 3,5mm sehr dünn und daher besonders anfällig für Cholesterinablagerungen. Durch schädigende Faktoren wie Nikotinkonsum, zu hohe Cholesterinwerte, Diabetes, mangelnde Bewegung, Nierenerkrankungen oder auch chronische Zahnfleischentzündungen verstopfen diese Gefäße im Laufe der Jahre zunehmend durch Einlagerungen von Fettzellen in den Gefäßwänden. Kommt es zu einem kompletten Verschluss eines dieser Gefäße, wird der hinter dem Verschluss liegende Anteil des Herzmuskels nicht mehr mit dem lebenswichtigen Sauerstoff versorgt und stirbt ab. Dann spricht man von einem Herzinfarkt. Ähnliches geschieht auch in den kleinen Arterien unseres Gehirns, bei einem Verschluss kommt es dort zu einem Schlaganfall. Ich versuche häufig dies gerne mit dem Bild einer verstopften Benzinleitung im Auto zu vergleichen: der Motor stottert oder stirbt dann ab, wenn nicht mehr ausreichend bzw. kein Kraftstoff mehr nachgeliefert werden kann.

Wird es nun in der Umgebung kühl, ziehen sich die Gefäße mehr oder weniger stark zusammen, die Folge ist ein Anstieg der Pulsfrequenz und des Blutdruckes. Dies führt zu einem deutlich vermehrten Sauerstoffbedarf des Herzmuskels, der aber durch die bereits vorgeschädigten Herzkranzgefäße nicht gewährleistet werden kann. Ein Temperaturabfall kann somit zu einem letzten Auslöser für einen Herzinfarkt werden.

Dank der Erkenntnisse aus den Statistiken können Forscher die Auswirkungen des Klimawandels besser abschätzen. “Die Schwankungen müssen nicht extrem sein, um Auswirkungen zu haben. Durch den Klimawandel kann die Temperatur von Tag zu Tag sehr viel stärker schwanken. Die Studien konnten zeigen, dass sich schon kleine Schwankungen auf die Sterblichkeit auswirken“, so die Klimaexperten. Diese Aussage ist aber nicht unumstritten, denn mit einer verbesserten Körperbekleidung und Isolierung der Häuser über die letzten Jahrzehnte wurde der Effekt der Kälte auf die Sterberate immer geringer. Während es in den 50er-Jahren noch bis zu 30 Prozent mehr Todesfälle in der kalten Jahreszeit gab, waren es zu Anfang der 90er-Jahre nur noch weniger als zehn Prozent mehr als sonst. Und mal ganz ehrlich: aus eigener Praxiserfahrung weiß ich, und dies ist ebenfalls wissenschaftlich belegt, dass umgekehrt Hitze sogar etwas stärkere negative Effekte zeigt als die Kälte, hier steigt mit jedem Grad Celsius die Häufigkeit der Krankenhauseinweisungen infolge Herzkreislauferkrankungen um ganze vier Prozent! Auch hier ist die Erklärung einleuchtend: Wenn der Körper beim Schwitzen Körpersalze und Wasser verliert, neigt das Blut dazu, in vorgeschädigten, verengten Herzkranzgefäßen zu verklumpen und somit den Blutfluss zu unterbrechen. Egal durch welchen Mechanismus die Sauerstoffzufuhr des Muskels unterbrochen wird, die Folge ist immer ein Herzinfarkt.

Dr. med. L. Chadid

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