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Angststörungen – eine häufige Ursache für den Brustschmerz

Brustbeschwerden und Atemnot sind für den Kardiologen immer ein ernst zu nehmendes Symptom! Natürlich denkt er da in erster Linie an Herzinfarkte, Lungenembolien oder gar Wassereinlagerungen in der Lunge, alles gefährliche Diagnosen, die einer schnellen Abklärung bedürfen.

Glücklicher Weise hilft aber die klinische Erfahrung schon im Vorgespräch die Ernsthaftigkeit dieser Beschwerden einzuschätzen. Ist der Patient unter 30-40Jahre alt, liegt eher sehr selten ein Herzinfarkt vor, eine Lungenembolie hingegen kann auch in jüngerem Lebensalter auftreten. In jedem Fall muß man den Patienten persönlich sehen, ein EKG schreiben und einige Laborparameter abnehmen, um eine rasche Diagnose zu stellen oder um zumindest die gravierenden Erkrankungen auszuschließen.

Doch worauf wir eigentlich hinaus wollen sind die schwierigen Fälle, bei denen keinerlei krankhafte körperliche Befunde erhoben werden und die Beschwerden dennoch persistieren. In diesen Fällen sollte des Weiteren unbedingt eine chronische Refluxkrankheit (Magensäure fließt in die Speiseröhre zurück) oder auch orthopädische Ursachen ausgeschlossen werden. Erst wenn auch hier trotz Einleitung entsprechender Therapien keine Besserung erzielt werden kann, muss sich der Arzt das Vorliegen einer bestehenden Angststörung in Erwägung ziehen und entsprechend reagieren.

Angststörungen sind in der Tat häufige Erkrankungen und gehören nach der koronaren Herzkrankheit (Verengungen der Herzkranzgefäße) zu den häufigsten Ursachen von Brustbeschwerden. Bei ca. 35 bis 55% aller Patienten mit einem unauffälligen Herzkatheterbefund (Engstellen in den Herzkranzgefäßen werden sicher ausgeschlossen) sind Panikstörungen die Ursache dieser Beschwerden. Leider werden auch heute noch in ca. 98% der Fälle diese Krankheitsfälle übersehen, die Patienten werden mit der Versicherung, es läge kein krankhafter Befund vor, aus der Behandlung entlassen. Dies verunsichert Patienten zunehmend, da sie weder eine Erklärung, noch eine Therapie für Ihre Beschwerden erhalten. Diese unbefriedigende Konstellation führt dann zum „ Doctor-Hopping“ und gibt dem Patienten Zeit, dieses Krankheitsbild zu vertiefen.

Auch wenn wir Ärzte oft belächelt werden, sollten wir den Mut haben, die Verdachtsdiagnose einer Angststörung frühzeitig mitzuteilen und ihm ein Erklärungsmodel für die Beschwerden liefern. Folgende Tatsachen könnten dem Patienten hierbei helfen, die Akzeptanz dieser Diagnose zu erleichtern: 1.) Angststörungen sind sehr häufig und treten bei ca. jedem 6. Mitteleuropäer auf. 2.) Sie sind eine häufige Ursache von Herz-/Brustbeschwerden. 3.) Angststörungen sind gut zu behandeln.

Die Psychologen unterscheiden mehrere Formen der Angststörung:

Pankistörungen: hier handelt es sich um wiederkehrende schwere Angstattacken, die sich nicht auf besondere Umstände beschränken und für die Betroffenen nicht vorhersehbar sind. Typisch sind ausgeprägte vegetative Beschwerden (Schweißausbrüche, Unruhe, Herzklopfen etc.) sowie Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit, Angst vor Kontrollverlust oder verrückt zu werden “auszuflippen“ oder die Angst zu sterben.

Agoraphobie: Die Angst tritt auf in Situationen, die schwer zu verlassen sind, wie Menschenmengen, Theater, Kinos, Konzerte, öffentliche Verkehrsmittel, Verkehrsstaus etc. In diesen Situationen spüren die Betroffenen oft Angstsymptome wie Herzklopfen, Luftnot, Schwindel oder thorakales Druckgefühl, die als Symptom einer Herzerkrankung fehl interpretiert werden und zur Arztkonsultation führen.

Generalisierte Angststörung: Hauptmerkmal sind neben körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen oder Herzbeschwerden, die ausgeprägten und irreal empfundenen Sorgen zu verschiedenen Lebensthemen. Der Betroffene leidet unter dem Ausmaß (meist viele Stunden/Tag) der Sorgen, hat aber den Eindruck, dies nicht kontrollieren zu können und dadurch zusätzlich Schaden zu nehmen. Durch die ständige Aktivierung des Stresssystems kommt es zu verspannungsbedingten Brustschmerzen, Schlafstörungen und Bluthochdruck.

Sollte demnach die Diagnose einer Angststörung bestätigt werden können, verspricht eine psychotherapeutische Versorgung (kognitive Verhaltenstherapie) in Kombination mit einer angstlösenden Medikation eine gute Möglichkeit, die Lebensqualität deutlich zu erhöhen.

Dr. med. Luai Chadid (Internist & Kardiologe Clinica Picasso)

Dr. med. Ghassan Touma (Psychotherapeut Clinica Picasso)

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