Die Diagnose Krebs ist immer ein schwerwiegendes Ereignis im Leben eines jeden Menschen und seiner Angehörigen. Hier ist es nur verständlich, wenn man alles versucht, um diese lebensgefährliche Erkrankung zu besiegen, erst recht, wenn die Situation ausweglos erscheint. Was für eine einfache Vorstellung Tumore durch eine passende Diät schlicht und ergreifend auszuhungern. Einer wissenschaftlichen Überprüfung hielten diese Diäten nach ausführlichen Studien nicht stand: In keinem Fall gab es Beweise für eine Wirksamkeit!
Spezielle Ernährungen mit Antioxidantien und andere Nahrungsergänzungsprodukte galten lange als harmlos – vielleicht nicht wirksam, aber unschädlich. Das ist vorbei. „Wir haben genügend Daten und Informationen zur Bedeutung der Ernährungsmedizin – wir müssen das nur in die Praxis umsetzen“, betonte Prof. Dr. Christian Löser, Chefarzt der Medizinischen Klinik am Roten Kreuz Krankenhaus Kassel auf dem 31. Krebskongress in Berlin. Eine gezielte individuelle Ernährungsintervention ist nach heutigen wissenschaftlichen Kenntnissen ein wichtiger und effektiver Bestandteil moderner Krebstherapien. Sie kann einen bedeutsamen Einfluss auf Sterblichkeit, Therapietoleranz, Lebensqualität, Komplikationen und Kosten haben.
Ernährung müsse aber von Anfang an aktiv besprochen werden, forderte der Arzt: „Die Hälfte aller Krebspatienten haben bereits zum Zeitpunkt der Diagnose einen teilweise erheblichen Gewichtsverlust durch Appetitlosigkeit und Übelkeit hinter sich, der der Beginn einer Mangelernährung sein könnte“. Chemo- oder Strahlentherapie, Operation oder Antihormontherapie – je nach Krebserkrankung gibt es medizinisch gesehen verschiedenste Möglichkeiten, die Krankheit zu behandeln. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie nur ein Ziel verfolgen: Den Tumor zu beseitigen oder seine Kräfte auszuschalten, die irrsinnig schnelle Zellteilung zu stoppen. Leider werden diese Therapien aber auch durch wichtige Nebenwirkung beeinträchtigt: Appetitlosigkeit und Übelkeit, häufig sogar auch Erbrechen. Es ist richtig: manchmal gelingt eine Tumortherapie nur dadurch, dass man den Tumor daran hindert, weiter an die Nährstoffe zu gelangen, die ihn zum Wachsen anregen und ihn versorgen. Das hat zu der kursierenden Meinung geführt, man könne durch gezielte „Krebsdiät“ einen Tumor aushungern und ihm durch strenges Fasten und meiden bestimmter Stoffe und Nahrungsmittel die Lebensgrundlage entziehen. Doch mit Aushungern meinen Mediziner etwas ganz Anderes: zum Beispiel kann man durch Unterbrechung der Blutversorgung den Tumor von der Zufuhr von Nahrungsstoffen und Sauerstoff verkleinern, dazu werden auch verschiedene Medikamente eingesetzt. Die klassische Chemotherapie greift durch verschiedene Mechanismen in den Stoffwechsel der Tumorzelle ein, so dass diese in der Folge absterben – im erweiterten Sinn auch eine Form des Aushungerns des Tumors.
Krebsdiäten können eine Gewichtsabnahme noch verstärken und somit die Immunabwehr weiter deutlich schwächen. Aus diesem Grund ist es wichtig für diese Patienten, darauf zu achten, dass das Immunsystem durch eine gute Versorgung mit Mikronährstoffen die nötige Unterstützung bekommt, um gut arbeiten zu können. Es ist auffallend, dass sich die Befürworter im Regelfall über etwaige Risiken wie eine Verstärkung der tumorassoziierten Mangelernährung und der Gewichtsabnahme ausschweigen, die für alle diese Diäten belegt sind. Ihr Erfolg beruht aber wohl auf den scheinbar plausiblen, einfachen Theorien zur Krebsentstehung, auf die sie sich berufen, und dem Versprechen von Heilung bzw. einem günstigen Einfluss auf den Heilungsverlauf.
Medizinisch gibt es demnach derzeit keine begründete Indikation für eine Empfehlung bzw. Anwendung einer spezifischen Krebsdiät. Daher wird von von jedem Arzt, der Tumorpatienten betreut erwartet, dass er die Frage der Krebsdiät aktiv anspricht, denn Patienten erwähnen von sich aus meist nicht, was sie neben der Krebstherapie noch tun. Dabei sollten wir Ärzte aber nicht kritisieren, sondern aufklären, „wir müssen als Ansprechpartner für den Patienten zur Verfügung stehen.“
Für Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit diverser Antioxidantien liegen im Gegensatz zu den Krebsdiäten viele Daten aus klinischen Studien vor. Die Forschungsbemühungen um die Radikalfänger brachten aber kaum ein positives Ergebnis zutage – egal ob zur Krebsprävention oder therapiebegleitend. Im Gegenteil fanden sich immer wieder auch Hinweise auf unerwünschte Effekte, berichtete Dr. Jann Arends vom Tumorbiologiezentrum in Freiburg. So führte die Zufuhr von Vitamin E und Betakarotin bei der Bestrahlung von HNO-Tumoren zu mehr statt weniger Lokalrezidiven, Katechine aus Grüntee schienen die Effektivität bestimmter Medikamente zu verringern. Und im Tiermodell ist belegt, dass hochdosiertes Vitamin C die antitumorale Effektivität einer ganzen Reihe von Tumormedikamente hemmt.
Auch hier gilt wohl, dass ein vermeintlich plausibler Wirkmechanismus – das Abfangen freier Radikale – zwar eine hohe Popularität der Antioxidantien in der Gesellschaft ermöglicht. Tatsächlich schützt aber das Abfangen der freien Radikale nicht immer, denn diese werden sowohl für physiologische Reaktionen als auch für die Wirkung der Medikamente zur Tumorbekämfung benötigt, zumal diese teilweise direkt auf der Bildung von freien Radikalen basiert. Nicht umsonst wird immer wieder der Nobelpreisträger James Watson zitiert, der rät, die freien Radikalen lieber nicht zu bremsen, und vermutet, dass durch die Einnahme hochdosierter Antioxidantien möglicherweise der Krebs ausgelöst als verhindert werden könnte.
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