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Medikamente auch einmal beherzt absetzen!

Viele Ärzte scheuen sich davor, Medikamente abzusetzen – obwohl sie wissen, dass dies Patienten oft hilft. Neuseeländische Wissenschaftler sind diesem Phänomen nachgegangen und haben zwei paradoxe Gründe dafür gefunden.
Folgt man den Zahlen in der medizinischen Literatur, gehen bis zu 10 Prozent der Klinikeinweisungen auf Probleme zurück, die mit einer medikamentösen Behandlung in Verbindung stehen. Der größte Teil davon wäre durch eine vorsichtigere Rezeptierpraxis zu verhindern.
Polypharmazie ist ein Hauptrisikofaktor, davon betroffen sind besonders ältere Patienten. Zu solcher Vorsicht am Rezeptblock gehört es, die Medikation von Patienten immer wieder zu überprüfen und Mittel abzusetzen, deren Nachteile den Nutzen überwiegen.
Solches „Entschreiben“ (im Englischen als „deprescribing“ bezeichnet) gehört seit je zu den Aufgaben von Ärzten. Es ist aber noch wenig darüber bekannt, wie sich das Tablettenreduzieren aus Sicht der Mediziner darstellt. Ein Forscherteam der Universität Auckland, Neuseeland, hat in einer Studie 24 Hausärzte zu dem Thema befragt
Generell waren die Mediziner sich durchaus einig, dass das Absetzen von Medikamenten für ein sicheres Verordnungsverhalten wichtig ist. Dort, wo es dem Patienten nütze, sei das Absetzen Pflicht. Allerdings sagten die Ärzte auch, es gebe viele Hindernisse auf diesem Weg – und wenig Anreize, ihn zu beschreiten.
Im Wesentlichen aber kristallisieren sich zwei Hindernisse heraus, die dem Absetzen von verordneten Mitteln entgegenstehen:
Das eine könnte man als „ärztliche Verordnungskultur“ bezeichnen. Hier spielt die Furcht eine Rolle, ein schlechter Arzt zu sein und dem Patienten womöglich zu schaden, wenn man ihm seine Medikamente nimmt. Aber es ist auch von der Scheu die Rede, eine Therapie zu beenden, die ein Kollege begonnen hat.
Das zweite, größere Hindernis steht aufseiten der Patienten. Die Mediziner geben an, oft gar nicht genau zu wissen, welche Medikamente ihre Patienten nehmen, da der Austausch von Informationen unter den verschreibenden Kollegen stocke. Aus meiner Sicht jedoch unverständlich, schliesslich kann man ja jeden Patienten nach seiner aktuellen Medikation fragen oder ihn bitten beim nächsten Besuch eine Liste aller eingenommenen Medikamente und deren Dosierung mitzubringen. Aber das kostet Zeit, ein Gut, dass nicht viele Ärzte bereit sind zu opfern, da ein ausführliches Vorgespräch von den Kassen weder in Spanien, noch in Deutschland nicht bezahlt wird. Dabei können genau diese Vorgespräche dem Arzt helfen, die Ursachen der Beschwerden schon näher einzugrenzen.
Zudem gehe es darum, mit den Patienten und deren Umgebung eine Beziehung aufzubauen – „das Absetzen von Medikamenten könne ein Gefühl vermitteln, der Arzt habe den Betreffenden aufgegeben. Er wolle lieber sparen; als das Beste für ihn herauszuholen”, so eine weitläufige Meinung. Diese Aussage ist aber aus meiner Sicht unsinnig, da es ein leichtes wäre, dem Patienten die Vorteile einer Reduktion der Medikation zu erklären.  Hinzu kommt die Unsicherheit vieler Ärzte im Wissen, wie schwerkranke ältere Patienten zu behandeln, wie die verfügbaren Erkenntnisse in eine optimale Verschreibungspraxis umzusetzen seien. Solche Unsicherheit erzeugt Angst. Wer Angst hat, schreibt aber lieber noch ein weiteres Medikament aufs Rezept, als eines aus der Liste zu streichen. Aus meiner Sicht sollten, sich gerade in Anbetracht der älter werdenden Bevölkerung, daher Ärzte in diesem Fachbereich weiterbilden. Wichtig ist aber, dass ein Arzt des Vertrauens die Medikation immer im Überblick haben sollte um gegensätzliche Wirkungen vieler Medikamente zu erkennen und ggf. nach Rücksprache mit Spezialisten absetzen zu können.

Dr. Luai Chadid
Internist & Kardiologe

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