Wie es zu Harnwegsinfektionen kommt und was unternommen werden kann, wenn sie chronisch werden
Bei Frauen kommt es aufgrund einer kürzeren Harnröhre sehr viel häufiger zu Harnwegsinfektionen als bei Männern. Schmerzen beim Wasserlassen und ständiger Harndrang, ohne dass die Blase wirklich gefüllt ist, sind typische Symptome. Möglich ist auch eine Nierenbeckenentzündung, bei der Fieber und Rückenschmerzen hinzukommen. Bei Frauen in den Wechseljahren tritt begleitend nicht selten eine Scheidenentzündung auf.
Bei Verdacht wird der Urin mittels eines Streifentests auf Blut, weiße Blutkörperchen und Nitrit untersucht, im Weiteren mikroskopisch analysiert und ggf. eine Urinkultur angelegt, um den oder die Erreger zu identifizieren und zu testen, auf welche Antibiotika sie sensibel sind.
Am häufigsten findet man mit über 80% Escherichia coli, einen typischen Darmkeim. So ist nur wenig bekannt ist, dass die eigenen Darmbakterien die häufigste Infektionsquelle sind.
Um die unangenehmen Beschwerden schnell zu beheben, werden Antibiotika eingesetzt, bei einer unkomplizierten Blasenentzündung in einer Kurzzeitbehandlung, bei einer Nierenbeckenentzündung über ein bis zwei Wochen. Von einer Selbstmedikation ist sehr abzuraten, da hierdurch einer Resistenz-Entwicklung der Bakterien gefördert wird.
Tritt eine Blasenentzündung dreimal oder mehr pro Jahr auf, so wird sie als chronisch- rezidivierend bezeichnet. Aber nur in 10% der Fälle ist die Ursache für das Rezidiv eine nicht völlige Ausheilung. Bei 90% handelt es sich um Neuinfektionen durch ein erneutes Aufsteigen von Keimen durch die Harnröhre in die Blase. Jede zehnte Frau leidet an rezidivierenden Harnwegsinfektionen mit einem Häufigkeitsgipfel um das 65. Lebensjahr.
Warum sind Frauen nach den Wechseljahren besonders betroffen?
Da die Eierstöcke nach der letzten Periode, der Menopause, kaum noch oder keine Östrogene mehr bilden, werden die Scheidenhaut und auch die Schleimhaut in der Blase immer dünner. Dadurch können sich Erreger leichter in den Blasenwänden festsetzen und eine Infektion auslösen. Oft steht jedoch eine Entzündung der Scheide mit Ausfluss und Brennen im Vordergrund und die betroffenen Frauen klagen häufig nur über eine unspezifische „Reizblase“. Deshalb sollte neben der gynäkologischen Kontrolle zum Ausschluss von Pilzen und Trichomonaden dann immer auch eine mögliche Blasenentzündung ausgeschlossen werden.
Der gezielte und kontrollierte Einsatz von Antibiotika steht zur Beseitigung von akuten Beschwerden an erster Stelle. Ein nachhaltiger Erfolg wird jedoch häufig nur mit einer Kombination aus Therapie und Rückfall (Rezidiv)-Vorbeugung erreicht.
Hierzu werden nach den Wechseljahren sehr wirkungsvoll Östrogene in Form von Scheidenzäpfchen oder –cremes eingesetzt. Regelmäßig ein- bis zweimal in der Woche angewandt, bauen sie die Scheide und die Schleimhaut von Blase und Harnröhre wieder auf. Damit funktioniert der Verschluss der Harnwege besser und Keime haben es schwerer, in die Blase aufzusteigen. Eine durch wiederkehrende Blasenentzündungen verursachte Blasenschwäche mit ungewolltem Urinverlust lässt sich damit ebenfalls gut behandeln. Zugleich senken Östrogene den pH-Wert der Scheide, die normalen Milchsäurebakterien regenerieren sich und diese verdrängen andere Keime, die für die Infektionen verantwortlich sind. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser Anwendung von Östrogenen in der Scheide ist, dass vorher durch eine Trockenheit evtl. bestehende Schmerzen beim Geschlechtsverkehr gemildert werden oder sogar ganz verschwinden können.
Grundsätzlich sollte die Blase zur Prophylaxe von Rezidiven durch reichliches Trinken, das bedeutet zwei Liter am Tag oder mehr, „durchgespült“ werden. Außerdem empfiehlt es sich, bald nach Geschlechtsverkehr die Blase zu entleeren, um mögliche Keime aus Harnröhre und Blase gleich auszuspülen.
Eine weitere gute, jedoch noch wenig genutzte Behandlungsmöglichkeit, für Rezidive zugelassen und von der EAU (European Urological Association) EU-weit empfohlen, ist eine Impfung. Der Impfstoff enthält u.a. 109 inaktivierte mögliche Erregerstämme und wird für die Grundimmunisierung dreimal im Abstand von ein bis zwei Wochen in den Oberarm injiziert. Nach einem Jahr ist eine Auffrischung fällig. Damit lassen sich Rezidive um bis zu 90% reduzieren.
Häufig wird eine längerfristige Prophylaxe mit Antibiotika zur Vermeidung eines Rezidivs durchgeführt. Diese fördert jedoch auch bei Niedrigdosierung der Antibiotika eine Resistenzentwicklung der Keime, was wiederum gerade nicht erwünscht und somit kritisch zu bewerten ist.
Erfahrungen zeigen, dass auch Cranberry-Extrakte zur Unterstützung der Bakterienabwehr in der Blase und Probiotika zur Regenerierung der Darmflora und zur Stärkung des wichtigen Immunorgans Darm erfolgreich begleitend eingesetzt werden können.
Mit anderen Worten: Auch wenn es zuweilen sehr nervt, es gibt immerhin gute Möglichkeiten, sich das Leben auch hier wieder leichter und angenehmer zu machen.
Dr. Renate Wiesner-Bornstein ist Frauenärztin an der Clinica Picasso in Palma, Tel.: 971 22 06 66 www.clinica-picasso.eu
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