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Ein Piks gegen den Krebs

Ein Piks gegen den Krebs

Wie Gebärmutterhalskrebs entsteht und wie er durch eine Impfung verhindert werden kann

Gebärmutterhalskrebs ist eine tückische Erkrankung, weil sie erst spät Symptome wie Blutungen und Schmerzen verursacht und dann bereits oft weit fortgeschritten ist. In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 4.600 Frauen neu und 1.500 sterben daran. Die Einführung der Krebsfrüherkennungsuntersuchung 1971 hat die Zahlen zwar um die Hälfte reduziert. Es könnte allerdings noch besser sein, wenn mehr als derzeit 50% der Frauen diese Option wahrnehmen würden.

Ziel der Früherkennung ist es, die Vorstufen zu erfassen, um den Krebs sich gar nicht erst entwickeln zu lassen. Denn bei höhergradigen Vorstufen reichen in der Regel die Konisation, die kegelförmige Entfernung des betroffenen Bereiches, und eine Ausschabung aus, während sonst eine ausgedehnte Operation mit Entfernung des inneren Genitale, eine Bestrahlung oder auch eine Chemotherapie erforderlich werden können.

Schon 1976 wies Professor Harald zur Hausen, Arzt und Wissenschaftler, darauf hin, dass HPV (Humane Papillom Viren) an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt sind. Untersuchungen in den folgenden Jahren haben bestätigt, dass bestimmte sog. „Hoch-Risiko-Typen“ in fast 100 % dieser Krebse nachweisbar sind. Andere sog. „Niedrig-Risiko-HPV“ sind in 90% der Feigwarzen im Genitalbereich nachweisbar.

HPV-Viren sind sehr klein und stabil und werden auch über Trockenflächen übertragen, z.B. über die Hände der Eltern auf ihre Kinder. Meist jedoch werden sie durch sexuellen Kontakt weitergegeben. Die Wahrscheinlichkeit, sich im Laufe des Lebens zu infizieren, liegt bei 80, möglicherweise sogar bei 100%. Anders ausgedrückt: die HPV-Infektion ist die natürliche Konsequenz sexueller Aktivität. Männer sind in jedem Lebensalter zu 50 bis 60% betroffen. Bei Frauen nimmt der Virusnachweis ab dem 35. Lebensjahr ab. Nur bei etwa 12% der Frauen können danach weiterhin Hoch-Risiko-HPV nachgewiesen werden. Bei den übrigen ist die Infektion ausgeheilt.

Die Transformationszone des Gebärmutterhalses, dort wo die beiden Oberflächenschichten der Scheide und des Gebärmutterhalses zusammentreffen, ist der Haupt-Infektionsort. Hier finden sich besondere Zellen, die die Viren umprogrammieren und in Tumorzellen verwandeln können. Was liegt näher, als bei Vorliegen von Infektionserregern über eine Impfung nachzudenken? Und könnte das durch die Verhinderung einer Infektion mit Hoch-Risiko-HPV die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs verhindern? So ist es tatsächlich!
Durch die Impfung mit einem bestimmten Antigen der Hülle von mittlerweile sieben dieser Viren kann die geimpfte Frau Antikörper bilden und geht im Falle einer Infektion effizient gegen diese vor. 90% der Infektionen lassen sich so verhindern. Seit der Einführung der Impfung in Deutschland – zunächst gegen zwei Hoch-Risiko-Viren – war bereits ein signifikanter Rückgang von Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen zu verzeichnen.

In Australien, einem Land mit hoher Impfrate bei beiden Geschlechtern, ist die Krankheitslast bei Frauen um 88 bis 100% zurückgegangen. Auch die Rate an Genitalwarzen – kein Krebs, aber lästig und oft genug schwierig zu behandeln – ist mittlerweile auf 5% gesunken. Der dort eingesetzte Impfstoff ist auch gegen zwei der Niedrig-Risiko-HPV wirksam.
Im Impfkalender der STIKO, der ständigen Impfkommission in Deutschland, die auf wissenschaftlicher Grundlage Empfehlungen für Schutzimpfungen herausgibt, hat die HPV-Impfung einen festen Platz. Danach sollen bei Mädchen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren zwei Impfungen und zwischen 15 und 17 Jahren drei Impfungen durchgeführt werden. Zwei Gründe gibt es für die frühe Impfung: Die höchste Effizienz wird vor dem ersten sexuellen Kontakt erreicht. Und das Immunsystem reagiert umso besser, je jünger ein Mensch ist. Nach den positiven Erfahrungen in Australien denkt man auch in Deutschland über eine Impfempfehlung für Jungen nach.

Beim 2-DosenImpfschema sollte die zweite Dosis zwischen 5 und 13 Monaten nach der ersten Dosis verabreicht werden. Beim 3-DosenImpfschema wird zum Zeitpunkt 0, 2 und 6 Monaten geimpft. Der Impfschutz hält mindestens zehn Jahre an und die Wirksamkeit liegt bei fast 100%.

Am häufigsten findet man als leichte bis mittelschwere Nebenwirkungen Reaktionen an der Injektionsstelle und Kopfschmerzen. Auch kann es sehr selten allergische Reaktionen geben. Das gilt übrigens für jede andere Impfung auch.

Auch Frauen mit durch HPV-Infektion bedingten Zellveränderungen können noch von einer Impfung profitieren. So hat man mit einer Beobachtungszeit von bisher 1,4 Jahren nachgewiesen, dass durch die Impfung die Anzahl von Rezidiven, also einem Wiederauftreten von Zellveränderungen, nach einer Konisation um 65% reduziert werden kann.

Der HPV ist kein Einzelfall. Auch andere Virusinfektionen können zu Krebs führen. So kann z. B. Hepatitis B Leberkrebs verursachen. Auch hier gibt es bereits seit langem eine effiziente Impfung. Und wer weiß, vielleicht lassen sich weitere Karzinomerkrankungen in der Zukunft durch eine einfache Impfung ebenfalls verhindern…

Dr. Renate Wiesner-Bornstein ist Frauenärztin an der Clinica Picasso in Palma, Tel.: 971 -22 06 66 und 630 720 878, www.clinica-picasso.eu

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